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Geschlossene Unterbringung

Die Abteilung Jugendhilfe des Ministeriums für Volksbildung verfügte über eigene Referate auf Bezirks- und Kreisebene, denen ehrenamtliche Kommissionen nachgeordnet waren. Sie waren für die Regelung von Problemfällen zuständig. Zu den traditionellen Aufgaben der Jugendfürsorge – wie Sorge für elternlose Kinder – kamen die neuen sozialistischen Erziehungsziele.


1989 gab es in der DDR 474 staatliche Heime: „Normalkinderheime“, „Spezialheime“ und „Durchgangsheime“. Die 38 Spezialkinderheime und die 32 Jugendwerkhöfe gehörten zur Gruppe der „Spezialheime“ und konnten Jugendliche in den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau einweisen. Ihr Auftrag lautete: Beseitigung „individualistischer Gerichtetheit“, die als grobe Verletzung der gesellschaftlichen Ordnung angesehen wurde. Die Umerziehung sollte durch strenge Disziplin und erzwungene Einordnung in das Kollektiv erreicht werden.


Jugendwerkhöfe hatte es bereits in der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone gegeben. Nach Gründung der DDR wurde auch der Bereich Jugendhilfe und Heimerziehung zentralisiert und orientierte sich an den Methoden der sowjetischen Pädagogik. 1963/64 wurden die Heime der Jugendhilfe umstrukturiert. Zu den Neuerungen zählte auch die Schaffung des Geschlossenen Jugendwerkhofs Torgau als Disziplinierungseinrichtung. Jugendliche, die in anderen Heimen schwerwiegend gegen die Ordnung verstoßen hatten, wurden bis zu sechs Monate hierhin eingewiesen.


Bei der Suche nach einem geeigneten Standort fiel die Wahl auf das Torgauer Haftgebäude Fischerdörfchen. Es stand leer, da das Jugendgefängnis, das sich seit 1952 dort befunden hatte, kurz zuvor in die Strafvollzugsanstalt Torgau (Fort Zinna) verlegt worden war. Die bestehenden Sicherungseinrichtungen erschienen für die geplante Disziplinierungseinrichtung geeignet. Das Gebäude wurde dem Ministerium für Volksbildung übergeben.


Bereits im Februar 1964 begannen die notwendigen Umbau- und Renovierungsarbeiten, zur Schaffung von Produktions- und Aufenthaltsräumen mussten Zellenwände entfernt werden. Wenige Tage nach der Eröffnung am 1. Mai 1964 trafen die ersten Jugendlichen aus dem Jugendwerkhof Bad Blankenburg ein. Bis zur Schließung im Herbst 1989 wurden 4.046 Jugendliche eingewiesen.

HOF DER MÄDCHENGRUPPE MIT WACHTURM UM 1978, LINKS DIE RÄUME DES ARBEITSBEREICHS.

Das 4. 000 qm große Areal des Geschlossenen Jugendwerkhofs Torgau war von einer etwa drei Meter hohen Mauer umgeben und mit Suchscheinwerfen und Wachhunden gegen Fluchtversuche gesichert. An den Eckpunkten standen Wachtürme, von denen aus Hofbereich und Eingangsschleuse überblickt werden konnten. Fenster und Türen waren massiv vergittert, selbst die einzelnen Gebäudeteile waren im Inneren durch Gitter getrennt. Eine detaillierte Sicherheitsordnung umfasste auch eine “Wachordnung” sowie eine “Schlüsselordnung”. Sie regelte die Kontrollgänge, die Aufgaben der Betriebswache und der Hundeführer.