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Schule und Produktion

Bildung und Berufsausbildung genügten nicht einmal den Mindestansprüchen des DDR-Bildungssystems. Dies verletzte den Artikel 25 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, der den Anspruch aller Bürger auf gleiche Bildungs- und Ausbildungschancen garantierte. Die den drei Gruppen entsprechenden Klassen berücksichtigten weder das unterschiedliche Alter noch den jeweiligen Bildungsstand der Jugendlichen. Unterrichtet wurden die Fächer Staatsbürgerkunde, Mathematik, Deutsch und Lehrunterweisung, was in etwa der „Einführung in die sozialistische Produktion“ (ESP), wie sie an den Schulen in der DDR gelehrt wurde, entsprach. Staatsbürgerkunde hatte Vorrang und beinhaltete oft die gleichen Themen wie die Gruppenstunden in der Freizeit. Die Einhaltung von Ordnung und Disziplin war wichtiger als die Wissensvermittlung. Erst Mitte der siebziger Jahre wurde ein hauptamtlicher Lehrer eingestellt.

Unabhängig von ihrer bisherigen Ausbildung wurden die Jugendlichen in der Metallverarbeitung eingesetzt. Für die Jungen gab es Arbeiten wie Bohren, Fräsen und Stanzen. Die Mädchen führten Montagearbeiten und die Gütekontrolle aus. Die Arbeitserzieher hatten meist keine pädagogische Ausbildung, sollten aber Leistung und Verhalten der Jugendlichen beurteilen. So kam es oft zu willkürlichen Einschätzungen, die schlechte Bewertungen, häufigen Arbeitsplatzwechsel oder Überbelastung zur Folge hatten. Weder bei der Arbeitszeit noch bei der Norm wurde das Alter der Jugendlichen berücksichtigt.

Entlohnt wurden sie nach dem „Prinzip der Benotung der Leistung“, erhielten die Vergütung aber erst am Ende ihres Aufenthaltes. Vom Lohn wurden die Heimkosten, Körperpflegemittel, Schulmaterial und die Rücktransportkosten abgezogen. Nur die Grundausstattung von einem Bleistift, fünf Heften und einem Lineal für die Schule war kostenlos. Für Zerstörungen hatten die Jugendlichen aufzukommen. Insgesamt gab es ein kompliziertes Benotungssystem, das Schul- und Arbeitsleistung betraf, aber sich auch auf das individuelle Verhalten sowie Ordnung und Sauberkeit bezog. Die Noten zählten nicht nur bei den abschließenden Prüfungen, sie führten auch zu Belobigungen. Vor allem aber trugen Leistung und Verhalten jedes Einzelnen zur Gesamtbeurteilung der Gruppe bei. Versagte der Einzelne, aus welchem Grund auch immer, konnte seine Gruppe nicht „wochenbeste“ werden und erhielt somit keine Freizeitvergünstigungen, wie Fernsehen. Entsprechend groß war der Druck auf den Einzelnen auch innerhalb der Gruppe.