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Ausbau des Archivs

Ausbau des Archivs der Gedenkstätte

gefördert durch den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien

Zeitraum: Mai 2010 bis Dezember 2012

Darstellung des Projektes

Das Archiv der Gedenkstätte umfasste im Jahr 2007 bereits umfangreiche Akten zu den Strukturen, Zuständen und Arbeitsweisen des Systems der DDR-Jugendhilfe, insbesondere des Geschlossenen Jugendwerkhofs Torgau. Der Bestand hat sich durch die Forschungs- und Recherchetätigkeiten im Rahmen der Ausstellungserweiterung in den letzten beiden Jahren enorm erhöht und wurde auf das gesamte DDR-Erziehungssystem erweitert.
Im Bestand befinden sich insgesamt 160 Akten (ca. 15.000 Blatt) aus dem Bundesarchiv Berlin und 86 Akten (ca. 4.000 Blatt) mit Archivkopien des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Hinzu kommen umfangreiche Bestände aus dem Sächsischen Staatsarchiv Leipzig, Hauptstaatsarchiv Dresden und diversen Landesarchiven. In den Beständen befinden sich beispielsweise Überprüfungsberichte des GJWH Torgau und anderer Spezialheime durch das Ministerium für Volksbildung (MfV), Dienstbücher (Arrest / Isolierung), Entweichungen (Maßnahmen gegen Fluchtversuche), Meldungen zu besonderen Vorkommnissen an das MfV (Suizide, Fluchtversuche), Arbeitsordnung, Dienstanweisungen, Führungsberichte, Belegungsbücher (1964 bis 1989).

Im Personenarchiv befinden sich derzeit 478 Personendossiers. Sie enthalten persönliche Dokumente, Korrespondenzen, Unterlagen, Fotos, Interviews und die Sonderakte. Die Sonderakten der ehemaligen Insassen sind ein besonders wertvoller Aktenbestand. Sie wurden in Torgau angelegt und umfassen Einweisungsantrag und -genehmigung, bisherige persönliche Entwicklung des Jugendlichen, seine familiäre Situation, die gesamte Zeit in Torgau ist dokumentiert durch Einschätzung, Aufzeichnungen und Beurteilungen des Jugendlichen durch den Erzieher, belegt sind Bestrafungen (Grund, Art und Dauer), Belobigungen, Korrespondenzen, Briefe der Jugendlichen (teilweise sogar Briefe, die nie verschickt oder Briefe der Eltern, die der Jugendliche nie erhalten hat). Diese Akten befinden sich im Bundesarchiv Berlin und sind aus datenschutzrechtlichen Gründen nur mit dem Einverständnis der Betroffenen zugänglich. Bisher befinden sich 367 Sonderakten (ca. 12.000 Blatt) im Bestand des Archivs.

Im Archiv der Gedenkstätte konnten insgesamt 67 originale Gegenstände des GJWH nach seiner Schließung gesichert werden. Dazu gehören bspw.: Arrestzellenpritschen mit Inschriften der Jugendlichen, Alltagsgegenstände (Schlüssel, Geschirr, Toilettenkübel, Arresthocker, Schulbank, Hefte, Bücher, Schallplatten, Arbeitsoverall usw.), die Tafel (Ämterplan/Wochenbeste Gruppe). Hinzu kommen originale Gegenstände (Dachrinne mit Stacheldraht umwickelt, Fenstergitter, Arrestzellentür, Suchscheinwerfer, Fluchtabweiser an Dachrinnen usw.), welche die Sicherheitsmaßnahmen dokumentieren.

Das Fotoarchiv umfasst originale Aufnahmen (60er, 70er Jahre), Aufnahmen, die unmittelbar nach der Schließung entstanden, Fotos aus Privatbesitz sowie Aufnahmen zur Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Insgesamt umfasst das Archiv 823 Fotos und eine Dia-Serie mit 360 Aufnahmen, die den Zustand des Areals vor dem Umbau 1996 detailliert dokumentiert.

Archiviert sind außerdem alle Dokumentationen und Beiträge zum GJWH Torgau seit 1992, die in den Medien (Presse, Funk und Fernsehen) ausgestrahlt wurden. Ebenso der einzige Dokumentarfilm (30 min) über die Jugendwerkhöfe der DDR, der nur einmal öffentlich (Dokumentarfilmfestival Leipzig 1986) gezeigt wurde. Bereits einen Tag später erhielt der Film von Margot Honecker (Volksbildungsministerin) persönlich Ausstrahlungsverbot und verschwand damit im Archiv. Zum Dokumentarfilmer Roland Steiner besteht ein sehr enger Kontakt.
Hinzu kommen die in ihrem ursprünglichen Zustand erhaltenen Dunkelzellen des Jugendwerkhofs mit Zelleninschriften, die künftig konzeptionell in die Dauerausstellung eingebunden und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen.

Mit der Übernahme des Originalbestandes des Heimarchivs des ehemaligen Spezialkinderheims und ehemaligen Jugendwerkhofs „Ernst Schneller“ in Eilenburg wurde nunmehr eine zeitgeschichtlich außerordentlich wichtige Sammlung in das Archiv der Gedenkstätte GJWH Torgau eingebracht.
Dieser Bestand wurde bereits seitens der Caritas Trägergesellschaft und mit Unterstützung des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales in den Jahren 2002 – 2004 im Rahmen eines sog. Geschichtsprojekt auf Basis einer Strukturanpassungsmaßnahme (SAM) und einer zeitweiligen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) grob sortiert. Ziel des Projektes war es damals, den noch umfangreichen Bestand an Akten, Fotos, Dias, Tonbändern, Schallplatten, Musikinstrumenten etc. des „Ernst-Schneller-Heimes“ und des Jugendwerkhofes „Ernst Schneller“ zu sichten, zu katalogisieren und damit einer zukünftigen wissenschaftlichen Aufarbeitung und Verwertung zugänglich zu machen.
Die damalige Sächsische Staatsministerin für Soziales, Frau Helma Orosz, schrieb dazu im entstandenen Katalog: „Jetzt sind die Forscherinnen und Forscher gefragt, die für eine wissenschaftliche Aufarbeitung sorgen müssen. Ich hoffe und wünsche, dass von hier aus ertragreiche wissenschaftliche Arbeiten zur Geschichte des Kinder- und Jugendheims Eilenburg initiiert und ermöglicht werden.“ Mit der Übernahme des Bestandes kann dieses Vorhaben nun umgesetzt werden. 

Der übernommene Archivbestand umfasst:

  • 478 Gruppenbücher (1953-1993)
  • 58 Amateurfilme (50er-70er Jahre)
  • 302 Magnetbänder (60er-80er Jahre; u.a. Mitschnitte von Anhörungen und Mitarbeitergesprächen)
  • 1726 Dias aus dem unmittelbaren Leben im Spezialheim Eilenburg (60er-80er   Jahre)
  • ca. 6000 lose Fotos
  • 7045 Bücher aus der Heimbibliothek (u.a. Literatur zum Erziehungswesen)
  • 1500 Schallplatten
  • 61 Studiofilme
  • 48 Rollfilme
  • Heimzeitungen, Urkunden, Einladungen, Jahresberichte,  Buchhaltungsunterlagen, Schriftverkehr, Gewerkschaftsunterlagen, Krankenunterlagen u.v.m.
  • 75 Instrumente (Fanfaren, Trommeln)
  • Büsten, Pokale, Porträts, Wandbilder, Medaillen, Fahnen, Stempel, Gedenktafeln
  • 48 technische Geräte (Plattenspieler, Tonbandgeräte etc.)

Das gesamte Archiv (ca. 50 lfd. m Aktenbestand) wird zurzeit durch eine Archivarin sachgerecht aufbereitet. Diese umfasst u.a. notwendige archivarische Arbeiten wie die Erarbeitung einer Archivsystematik, eines Personen- und Sachregisters, eine Verschlagwortung und Signaturvergabe inkl. Verzeichnung in einer Archivdatenbank.
Mit der Durchführung des Projekts wird die Gedenkstätte über ein nach wissenschaftlichen und konservatorischen Standards etabliertes Archiv und somit bundesweit über eine ständig wachsende Sammlung zur Heimgeschichte der DDR verfügen.