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„Das sieht ja ganz anders aus!“

Das 2. Treffen ehemaliger Insassen des Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau in der Erinnerungs- und Begegnungsstätte (2. Oktober 2004)

„Wo sind die Arrestzellen? Wo ist der Hof, auf dem wir stundenlang Zwangssport verrichten mussten…? “ Diese Fragen stellten sich ehemalige Insassen der einzigen Geschlossenen Erziehungsanstalt der DDR-Jugendhilfe, dem Jugendwerkhof Torgau an jenem Oktobertag – fassungslos über die heutige Nutzung und gequält von Erinnerungen, die sie bis heute mit Torgau verbinden.

„Viel erinnert ja nicht mehr an die alte Zeit.“, so ein ehemaliger Insasse. „Wenigstens zeigt die Ausstellung „ Auf Biegen und Brechen“ was hier wirklich abging!“ Viele Betroffene waren mit ihren Familien zum ersten Mal nach Ihrer Einweisung, die ist mitunter 20 Jahre her, nach Torgau zurückgekehrt, an jenen Ort, der ihr Leben verändern sollte, an jenen Ort, an dem sie unter Zwang und militärischem Drill zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ umerzogen werden sollten.

Die Initiativgruppe ehemaliger Geschlossener Jugendwerkhof Torgau e.V. ermöglichte bereits zum zweiten Mal ein Treffen ehemaliger Insassen. Zum einen konnten Gedanken, Erfahrungen und Probleme, die aus dem Aufenthalt in Torgau resultieren, ausgetauscht werden, zum anderen wurden den Betroffenen und Interessierten Projekte für das kommende Jahr vorgestellt.

Besonders der Besuch des Mitarbeiters der Behörde der Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen (BStU), Außenstelle Leipzig, Tobias Hollitzer, und des Rechtsberaters Bernd Othmer (Leipzig) war für die Betroffenen sehr hilfreich. Beide informierten über allgemeine und konkrete Fragen zum Thema der strafrechtlichen und beruflichen Rehabilitierung nach dem 2. SED- Unrechtsbereinigungsgesetz. Der Anspruch resultiert ganz klar aus der Tatsache, dass die Insassen des ehemaligen Geschlossenen Jugendwerkhofs (Mädchen und Jungen im Alter von 14 bis 18 Jahren) ohne richterlichen Beschluss unter haftähnlichen Bedingungen in Torgau verwahrt wurden. Da die Unterstützung der Zeitzeugen ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit der Erinnerungs- und Begegnungsstätte ist, soll es nach solch positiver Resonanz auch im nächsten Jahr wieder ein Treffen geben.